Feriae, feria
6. August 2024
Feriae, feria: Feier- bzw. Festtag[1], seit christlicher Zeit vorrangig Bezeichnung der Wochentage[2] insbesondere gegenüber den Festtagen der liturgischen Kalender[3].
Bei den römischen feriae handelt es sich um einen Sammelbegriff für Tage mit festlichem Charakter. Hierunter lassen sich ebenso feriae privatae, d.h. private Feiern wie etwa Begräbnisse, wie auch feriae publicae verstehen, die gesamt- oder teilgesellschaftlich begangen wurden.[4] Während ein solcher dies feriatus in römischer Zeit stets zur Bezeichnung von Festtagen genutzt wurde, erfuhr der Begriff der feriae bereits in der Spätantike eine Umdeutung christlicher Prägung, ehe er im frühen Mittelalter als allgemeine Bezeichnung der Wochentage Anwendung fand.[5] Die genaue Entwicklung lässt sich nur unzureichend nachvollziehen, doch die Benennung der einzelnen Wochentage als feria[6] ist bereits im Schrifttum der Kirchenväter angelegt[7] und zeigt über den Sonntag bzw. Tag des Herrn, den dies domini, als erstem Tag Parallelen zur Schöpfungswoche des Alten Testaments.[8] Wie unscharf die Trennlinie zwischen den weiteren Begriffen für Tage und Feste (z.B. festus) im frühen Mittelalter jedoch verlief, lässt sich etwa daran ablesen, dass das Wortfeld um feria ebenso zur Beschreibung festlicher Aktivitäten verwendet werden konnte.[9]
BAS
[1] Harmon, Feriae.
[2] Grotefendt, Zeitrechnung, S. 59.
[3] Die Unterscheidung zwischen ferialen und festlichen Tagen bildet bis in die Gegenwart die Grundstruktur des kirchlichen Jahres, vgl. bspw. Harper, The Forms and Orders of Western Liturgy, S. 54-55.
[4] Harmon, Feriae.
[5] Ein früher Beleg hierfür ist die Erklärung der Wochentage des Beda Venerabilis, De temporum ratione VIII, S. 302-303.
[6] Die gängigen Hypothesen zur Entwicklung der kirchlichen Wochentagsrechnung gibt Rordorf, Sonntag, II. historisch-theologisch, Sp. 727-728 wieder. Zur Genese der kirchlichen Feiertage weiterhin grundlegend Auf der Maur, Feiern im Rhythmus der Zeit, eine Kurzdarstellung bietet Schilson, Feste und Feiertage, IV. historisch-theologisch, Sp. 1253-1256.
[7] Einen Einblick in die Entwicklung gibt Tertullian, De ieiunio adversos psychikos, II,14, der die konkreten Feiertage der christlichen Gemeinden noch mittwochs und freitags verortet. Gregor von Tours, Zehn Bücher Geschichte, III,15 hingegen konkretisiert bereits die Terminologie des Tages des Herrn gegenüber der solaren Tradition des „Sonntages“.
[8] Schuler, Woche, Sp. 289.
[9] Vgl. die Bezeichnung als tempora feriandi im Kapitular des Haito von Basel, MGH Capit. episc. 1, c. VIII, S. 212, übersetzt bei Thommen, Basler Annalen, S. 256-257. Selbiger führt eine ebenso eine Bestimmung jener Tage an, die als kirchliche Feiertage zu gelten haben. Einen tabellarischen Überblick zu den Feiern der kirchlichen Hauptfesttage siehe Goetz, Kirchenfest und weltliches Alltagsleben, S. 125. Eine Gleichsetzung mit den modernen Ferien ist dagegen nicht vorzunehmen, obschon der gewahrte Anspruch der Ruhezeiten als Kriterium kirchlicher Festtage, vgl. Reinhardt, Feste und Feiertage, VI. Kirchenrechtlich u. staatsrechtlich, Sp. 1257, in Kontinuität zu mittelalterlichen Diskursen um die Sonntagsruhe steht. Grundsätzlich ist tatsächliche Relevanz der feriae zur Bestimmung von Arbeits- und Ruhezeiten innerhalb der Forschung stark umstritten, vgl. initial Schor, The overworked American, S. 44-53, jüngst Clarke, Growth or Stagnation?.
Bibliographische Angaben
Daniel P. Harmon: Feriae, in: Hubert Cancik, Helmuth Schneider und Manfred Landfester (Hgg.), Der neue Pauly: Enzyklopädie der Antike, Stuttgart 1996-2010.
Hermann Grotefendt: Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, Hannover 1891.
John Harper: The Forms and Orders of Western Liturgy from the tenth to the eigteenth Century: A Historical Introduction and Guide for Students and Musicians, Oxford 1991.
Willy Rordorf: Sonntag, II. historisch-theologisch, in: Walter Kasper, Konrad Baumgartner und Peter A. Brunt (Hgg.), Lexikon für Theologie und Kirche Bd. 9, Freiburg i. Br. u.a 1993-2001, Sp. 727-728.
Hansjörg Auf der Maur: Feiern im Rhythmus der Zeit I: Herrenfeste in Woche und Jahr, Regensburg 1988 (Gottesdienst der Kirche. Handbuch der Liturgiewissenschaft 5).
Arno Schilson: Feste und Feiertage, IV. historisch-theologisch, in: Walter Kasper, Konrad Baumgartner und Peter A. Brunt (Hgg.), Lexikon für Theologie und Kirche Bd. 3, Freiburg i. Br. u.a 1993-2001, Sp. 1253-1256.
Peter-Johannes Schuler: Woche, in: Lexikon des Mittelalters Bd. 9, 1998, Sp. 289-290.
Hans-Werner Goetz: Kirchenfest und weltliches Alltagsleben im früheren Mittelalter, in: Mediaevistik 2 (1989), S. 123-171.
Heinrich J. F. Reinhardt: Feste und Feiertage, VI. Kirchenrechtlich u. staatsrechtlich, in: Walter Kasper, Konrad Baumgartner und Peter A. Brunt (Hgg.), Lexikon für Theologie und Kirche Bd. 3, Freiburg i. Br. u.a 1993-2001, Sp. 1257.
Juliet B. Schor: The overworked American: The Unexpected Decline of Leisure, New York 1992.
Gregory Clarke: Growth or Stagnation? Farming in England 1200-1800, in: Economic History Review, 71.1 (2018), S. 55-81.